Ani Maisuradze

Tagebuch
Serie in einem Buch, Bleistift / Tusche auf Papier, 21×29 cm, 2014-2015

Die Zeichnungen, die in den Zyklus Schweigen eingegangen sind, sind in einem Zustand unendlicher Fragen entstanden. In ihnen vereinen sich parallel auftretende Gedanken in einer Bildform. In diesem Kontext verortet sich das Gekritzel im Dazwischen von Sprache und Zeichen, das im Schweigen seinen Fortlauf findet. Das kritzelnde Zeichnen ist innerhalb eines Jahres zum begleitenden Element geworden – kritzeln als meine Möglichkeit, etwas im Bewusstsein zu ordnen.

Schweigen tritt auch für die Unzugänglichkeit der Sprache ein. Aus Georgien stammend, bin ich in einer ständigen Konfrontation zwischen zwei Sprachen. Die georgische Sprache, mit der ich aufgewachsen bin und die deutsche Sprache, in der ich gelernt habe, mich zu bewegen und zu denken. Der Einfluss dieser zwei Kulturen lässt mich die generelle Unzulänglichkeit, die Sprache in sich trägt, noch deutlicher spüren. Ist es möglich, in einer Sprache das Gedachte in Verbindung zu bringen? Oder befindet man sich in einer ständigen Verschiebung, da die Sprache einerseits die Möglichkeit gibt, die Dinge klar zu benennen, zugleich aber auch nicht den kompletten Gedankengang erfassen kann. An der Stelle, wo die Gedanken schweigend in Wörter übergehen, die nicht ausgesprochen werden, tritt das Gekritzel ein. Dies ist die Bewegung zwischen unterschiedlichen Zeichen, die sich stetig wiederholen, sich verschieben und ergänzen.

Die meisten Zeichnungen sind mit Datum gekennzeichnet, insofern nehmen sie einen tagebuchartigen Fortlauf. Ein Fortlauf, der auf der Wiederholung aufbaut. Die Ähnlichkeiten der Bilder machen die Wiederholung sichtbar. Ein Bild geht ins nächste über, die vorhandenen Gedanken werden durch nachfolgende Gedanken ersetzt.